Alban Müller war einer der ersten Chorassistenten mit Stipendium in der Geschichte des Schweizer Jugendchores. Per Ende Jahr tritt er zurück. Wie die vierjährige Chorassistenten-Stelle den Luzerner geprägt hat und was er mit dem bekannten Dirigenten Claudio Abbado nun gemeinsam hat, erzählt er im Interview.
Alban, du studierst zurzeit Gesangspädagogik mit Nebenfach Chorleitung. Inwiefern war dein Job im SJC als Chorassistent wichtig für deine musikalische Laufbahn?
Der Schweizer Jugendchor arbeitet auf unwahrscheinlich hohem Niveau: Die Probedisziplin, die stimmliche Flexibilität aber auch die Musizierfreude fordern mich als Chorleitungsstudierenden sehr. Wenn ich vor dem Chor stehe, bekomme ich ein schonungsloses Feedback der Sänger*innen. So lernte ich unzählige Dinge. Der Schweizer Jugendchor war für mich in den letzten Jahren das prägendste musikalische Erlebnis.
Was bedeutete es dir, Chorassistent im SJC zu sein?
Die Aufgabe als Chorassistent geht weit über einen einfachen Job hinaus. Mit meiner Assistenz-Kollegin Deborah Züger habe ich oft telefoniert. Zeitweise tauschten wir uns täglich über den laufenden Chorbetrieb aus. Von Organisatorischem bis hin zu Fragen bezüglich Verbesserungspotential. Kurz: Assistent zu sein ist ein Lebensgefühl. Es braucht mehr, als nur pünktlich vor dem Chor zu stehen. Der Kopf ist immer dabei und denkt mit. Auch ausserhalb der Probewochenenden.
2019 wurden die Stellen der beiden SJC-Chorassistenten neu aufgestellt und erstmals als Stipendien ausgeschrieben. Wie hat sich das Konzept aus deiner Sicht bewährt?
Es ist ein Erfolg. Die Chorassistenz im Schweizer Jugendchor ist eine einzigartige Möglichkeit für junge Musiker*innen. Neben musikalischen Höhenflügen lernt man unglaublich viel über Chorstrukturen, Kommunikation und auch über sich selbst. Der Schweizer Jugendchor ist eine Lebensschule.
Was nimmt du mit aus deinen Erfahrungen als Chorassistent beim SJC?
Ich bin viel stressresistenter geworden und kann bei Herausforderungen einen kühlen Kopf bewahren. Als Musiker bist du immer voll engagiert und meistens sind die Emotionen nicht weit. Ich habe gelernt, dass Distanz manchmal guttut. Nachher lässt es sich entspannter arbeiten.
Wie war das für dich, dein erstes SJC-Konzert als Chorassistent zu leiten?
Ich kann mich nicht mehr so genau an meinen ersten Auftritt als Dirigent vor dem Schweizer Jugendchor erinnern. Wahrscheinlich war ich ziemlich nervös. Wenn ich aber am Dirigieren bin, dann geniesse ich den musikalischen Moment und kann mich meistens voll darauf einlassen. Man fühlt sich sehr privilegiert, mit so tollen Sänger*innen arbeiten zu dürfen.

Alban Müller ist 24 Jahre alt und wohnhaft in Luzern. Aufgewachsen ist er in Sempach. Seit 2016 singt er im Schweizer Jugendchor und seit 2018 ist er Chorassistent.
Welches Erlebnis bleibt dir besonders in Erinnerung?
Im Rahmen des Projektes «In memoriam» gaben wir ein Konzert zusammen mit dem Zentralschweizer Jugendsinfonieorchester im KKL. Dort durfte ich während der Probe den Chor dirigieren. Es erfüllte mich mit Ehrfurcht, an derselben Position zu stehen wie einst Abbado, Rattle oder Konsorten.
Besonders in Erinnerung bleibt mir auch ein Konzert in der Jesuitenkirche Luzern im Rahmen des SKJF. Deborah Züger und ich durften einen Konzertteil ganz alleine dirigieren. Das Gefühl war unbeschreiblich.
Weshalb hörst du auf mit der Chorassistenz?
Nach vier Jahren ist es Zeit für mich weiterzugehen. Ausserdem möchte ich gerne anderen Personen die Möglichkeit geben, Assistent*in im Schweizer Jugendchor zu werden.
Welchen Tipp möchtest du deiner Nachfolger*in mit auf den Weg geben?
Geniess es und trink auch mal ein Bier zusammen mit den Sänger*innen. Du bist nicht für alles zuständig.
Wirst du beim SJC weiterhin als Sänger dabei sein?
Das habe ich noch nicht entschieden. Der SJC bleibt aber tief in meinem Herzen verankert.
Interview: Rahel Röthlin
Aufgaben der Chorassistenz
Die beiden Chorassistenten sind für vielerlei Sachen zuständig. Angefangen bei der Korrespondenz mit den Interessierten für den sinfonischen Chor oder den Konzertchor oder für die Besetzungsfragen bei grösseren Projekten. Gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter, Nicolas Fink, planen sie das Repertoire und helfen im künstlerischen Büro mit. Im Chor übernehmen sie regelmässig das Einsingen, proben mit dem ganzen Chor oder im Register. Auch bei strukturellen Fragen, bei persönlichen Anliegen oder logistischen Herausforderungen denken sie mit. Auch durften die aktuellen Chorassistenten Alban Müller und Deborah Züger am letzten Auffahrtswochenende drei Probetage in Eigenregie durchführen.